|
1966 - 1967 - 1968
- 1969 - 1970 - 1971
- 1972 - 1976 - 1979
- 1986 - 1989 - 1994
- 1996 - 1998 - 1999
- 2000 - 2001 - 2002
- 2003 - 2004 - 2005
- 2006 - 2007 - 2008
- 2009 - 2010 - 2011 - 2012
-
2013 - 2015 -
2016 - Aktuell
Circle Pit - Bruise Constellation
| The Doozer - The Great Explorers
| Dungen - Skit I Allt | The
Pancakes - Volcanic Frog Island | Swim
Bird Fly - Swim Bird Fly
Dungen
- Skit I Allt (Subliminal
Sounds, 2010) LP
Wuuuuunderschön. Ein Traum. Ich weiss nicht, ob ich jemals so
eine weiche, schöne Gitarre gehört habe. Vorallem mit der
Flöte zusammen bringen die Melodien rüber, deren Unschuldigkeit
unter die Haut gehen wie der erste feuchte Kuss der ersten Liebe.
Unfassbar, wie oft ich diese Platte in kürzester Zeit gehört
habe. Im Prinzip lege ich die auf, dann drehe ich sie um und dann
drehe ich sie wieder um und wenn ich sie wegstelle, krame ich sie
ein paar Tage später wieder vor.
Mich spricht diese Musik total an, auch wenn ich kein Wort verstehe,
da sie schwedisch singen. Der Sänger klingt ein wenig schepprig,
fast wie die schwedische Ausgabe von Fred Mühlböck von Novalis
oder der Sänger der ungarischen Omega. Eigentlich klingt Dungen
tatsächlich auch ein wenig wie eine Ostblockband aus dem Jahre
1972. Die übertragene Romantik wirkt so kindlich empörungsfrei
wie ein Lagerfeuer zwischen Plattenbauten. Die musikalische Qualität,
kompositorisch, klanglich wie auch handwerklich ist sehr hoch. Kopiert
wird nichts und niemand. Die Musik klingt nicht gänzlich neu,
ich sehe allerdings eher bewegte Bilder als rockmusische Strukturen,
und zieht daher keinerlei Referenzen. Und das ist das Wertvolle!
Skit I Allt ist bereits das sechste Dungen-Album!! In Schweden sahnen
sie Preise ab. Eigentlich müssten sie in aller Munde sein und
nicht solche überschätzten Epigonen wie beispielsweise die
Fleet Foxes.
In den USA touren sie am meisten. Sie waren in Australien, Südamerika,
sogar Russland, natürlich viel in Skandinavien, England und auch
Holland. In Deutschland aber hatten sie bislang genau vier Auftritte
(2006). Na toll! (Ralf, 23.6.11)
|
Swim
Bird Fly - Swim Bird Fly (Maria Records,
2010) CD
Das erste Album der Stuttgarter Band um die Sängerin und Gitarristin
Barbara Padron-Hernandez und den Multi-Instrumentalisten und Produzenten
Johnny Park, beide bekannt aus der gemeinsamen Vorgängerband
Submarien.
Sie beschreiten hierbei den mutigen Weg des Rückzugs in ruhigere
und experimentellere Gefilde. Weder die Kompositionen noch die Arrangements
oder Instrumentierung suchen zu gefallen sondern widmen sich ausschliesslich
der Kunst. Die Songs nehmen sich viel Zeit sich zu entwickeln und
sind meist von vielschichtigen Soundscapes unterbaut, die hervorragend
ins Gesamtbild gemischt sind. Die eigenständigen Kompositionen,
die auf melancholisch-schönen Melodien aufbauen, sind besonders
von der sehr persönlichen Stimme Barbaras und ihrer Fähigkeit
geprägt, ganz eigenen ungewöhnlichen Wegen zu folgen. Das führt
zu klammer und manchmal bedrückender Emotionalität, insbesondere
durch die Verbundenheit der Sängerin zu ihren Texten, die sich
vorallem mit der eigenen Dunkelheit und dem Abscheu gegen die seelische
Verarmung der menschlichen Umwelt auseinandersetzen.
Die einzige, gelegentlich hörbare, Referenz die mir einfällt,
ist Portishead.
Swim Bird Fly als Bandname spiegelt die widersprüchliche Tiefe,
Vielfalt, Rätselhaftigkeit und Ungewöhnlichkeit der Band
sehr gut wider.
Das Cover gefällt mir nicht besonders, da die depressive Kälte,
die es verströmt der Musik einen Teil der Schönheit entzieht.
Natürlich passt es aber sehr gut zu den weit in den Raum gestellten
Feedbacks, Samples oder mit was auch immer die diese Backgrounds fabriziert
haben, die sich als Rauschen und Flirren offenbaren, das die meisten
Songs umgibt.
Live lässt die Band viel davon weg und überzeugt durch ihren
minimalistischen Charm. Da wirkt die Platte fast überproduziert.
Der ganze Hifi-Background wird reduziert auf zwei Gitarren und ein
Drumset. Der Einsatz von Elektronika ist viel sparsamer. Das lässt
mehr Nähe zur Band und ihren Gefühlen zu.
Sehr sympathisch übrigens auch die Demo-CD, die diesem Werk vorherging.
Das Cover zeigt einen gezeichneten Vogel. Darüber klebt ein handbefestigter
Käfig, den man wegklappen kann, um den Vogel zu befreien. Super
Idee. (Ralf, 14.8.11)
|
Circle
Pit - Bruise Installation (Siltbreeze,
21.9.2010) LP
Als die legitimen Nachfolger von Royal Trux werden sie angepriesen,
was ich leider als Beleidigung abtun muss und mir auch den Einstieg
in diese Platte erschwerte. Gut, wir haben hier ebenfalls einen
Jungen und ein Mädchen als Hauptakteuere der Band, und manchmal
stimmt sie tatsächlich einen ähnliche zerfledderten Gesang
an wie Jennifer Herrema und ... jagutjagut, es ist auch Underground
Rock, aber die Qualität, die fordernd-zerstörerische Kraft,
die Inspiration von Royal Trux hängt doch unter anderen Sternen.
Daher ist der Vergleich fast lachhaft.
Zunächst nervten mich dann die nölenden Doppelstimmen
der beiden, die immer einen halben Ton zu tief hängen, und
immer wieder Song für Song dieselbe Melodiezeile wiederholen
wie eine Endlosschleife. Das Schlagzeug rumpelt ziemlich, hat keinen
Drive. Die Songs bemühen altbekannte Weisen. Bäh. Ich
war verärgert und wollte die zweite Seite erst gar nicht mehr
auflegen, tat es aus einem lächerlichen Gründlichkeitszwang
heraus dann doch ... und erkannte den ersten Song wieder, den ich
auch im Internet schon mal angehört hatte.
Huch, plötzliches Gefallen! Die ganze zweite Seite eigentlich.
Ich hatte mich versöhnt, meine Gedanken an dämliche Vergleiche
vergessen und fand dann doch, dass die wirklich nette Melodien haben.
Wer Underground Rock Klangmarke 1972 mit punkiger Drei-Akkorde-Attitüde
und schleifendem Gesang mag, vielleicht auch wer Melody-Punkrock
der Neuzeit hört, aber den ganzen Gutelaune- und Hochglanz-Dreck
satt hat und sich mal so richtig seiner abgründigen Wahrheit
hingeben will, der sollte das hier mal ausprobieren. Wer von der
dunklen Seite kommt, bekommt immer noch viel lumpiges Können,
böse Texte und ein nettes New York Dolls Feeling, da Sound
und Verkleidung des Sängers nirgendwo sonst zuhause sind. Sind
übrigens aus Australien. Hätte man nicht gehört.
Achtung, es gibt nur 500 Exemplare. Zugreifen, wer Blut riecht.
(Ralf, 16.1.11)
|
The
Doozer - The Great Explorers (Siltbreeze,
7.9.2010) LP
Ein Juwel im endlosen Meer bedeutungsloser zeitgenössicher
Musik. Bin gerade ein wenig in der Musikkrise. Das was mich aus
alten Zeiten interessiert, hab ich schon oder kann ich mir kaum
noch leisten. Neues in alter Musik suche ich gerade vergeblich,
Neues in neuer Musik ebenfalls, auch wenn das andere Gründe
hat.
Doch in der Krise frisst auch der Teufel Fliegen und daher kauft
sich der freundliche Herr mit dem Regenmantel gerade vermehrt neue
Musik. Puh. Mühsames Unterfangen. Dem Musikunderground fehlt
es deutlich an Weltbewegung, Wellen die Land abtragen, Winde die
Röcke heben, Erdbeben die alte Bäume entwurzeln. Und was
etwas taugt, wird mir dann schnell zu elektronisch. Da bin ich nicht
so leicht zu begeistern. Ein leichtherzig furzender Roboter im Discobeat
genügt mir da nicht. Tiefe in elektronischer Musik, das haben
nur die wenigsten so hinbekommen.
Das One-Man-Unternehmen Doozer ist die glorreiche Ausnahme im Sumpf
der Neuerscheinungen. The Great Explorer ist die erste Platte seit
allen Platten von Captain Beefheart, die ich nach dem ersten Durchhören
wieder sofort umdrehte und noch mal von vorne anhörte. "I
Am Just A Being" singe ich gerade vor mich hin. Psych-Pop,
grossartig und einfach, Syd Barrett (Doozer kommt auch aus Cambridge,
ha) meets Daniel Johnston. "I'm too old for public transport"?
Hab ich das etwa richtig verstanden? Wahnsinn!
Doozer ist wie ein verwunschener, ausser Kontrolle geratener Spielzeugladen
aus dem 19. Jahrhundert, der sich durch einen harrypotterschen Weltenübergang
versehentlich im Heute wiedergefunden hat, den aber kaum jemand
kennt und wenn, dann nur ungern betritt, weil sich jeder darin rückwärts
bewegt ohne es zu wollen. Eine wahrlich perfekte Produktion in ihrer
"scheinbaren" Unperfekt- und Verschrobenheit. Ein Juwel.
Ein Juwel. Ich vergass, dass es sowas gibt ... im Jahre 2010, auch
wenn das Album als CD-only schon 2009 auf Pickled Egg erschien.
Auch diese LP gibts nur 500 Mal. Also hurtig.
(Ralf, 16.1.11)
|
|